01/2024 Dialog mit der Bauwirtschaft Hamburg: Klimaverträgliches Bauen mit einem Schattenpreis für CO2-Emissionen
Wie die öffentliche Hand Bauprojekte ausschreiben kann, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen
Der Bauindustrieverband Hamburg Schleswig-Holstein e. V. und die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg luden zu einem gemeinsamen Fachdialog. Experten und Entscheider aus Behörde und Bauindustrie beleuchteten Chancen und Herausforderungen des klimaverträglichen Bauens, unterstützt durch die Anwendung eines fiktiven CO2-Schattenpreises.
Der CO2-Schattenpreis gibt dem Treibhausgas einen fiktiven Preis. Dieser soll die Folgeschäden des CO2-Ausstoßes eines Produktes oder einer Technologie abbilden und klimafreundliche Lösungen fördern. Bei der Anwendung eines CO2-Schattenpreises wird außerdem die Laufzeit bzw. Nutzungsdauer einer Investition berücksichtigt. Im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu Neubauten oder Sanierungen wird ein rechnerischer Preis für jede über den Lebenszyklus der Maßnahme entstehende Tonne Kohlenstoffdioxid veranschlagt. Da Emissionen von Kohlendioxid der Hauptverursacher des Klimawandels sind, sollen die dadurch verursachten Klimakosten grundsätzlich den Verursachern angelastet werden.
Die Bauindustrie reagiert proaktiv auf die Anforderungen des Klimaschutzgesetzes, das von der öffentlichen Hand fordert, neben Wirtschaftlichkeit auch Klimaschutzaspekte in Beschaffungen einzubeziehen. Sie setzt sich für die Schaffung starker Anreize für klima- und ressourcenschonende Beschaffungen ein und möchte Unternehmen die Möglichkeit geben, optimierte Lösungen zu entwickeln. Hierbei betont die Branche die Wichtigkeit von praxistauglichen Kriterien, die ein angemessenes Verhältnis zum Aufwand aufweisen
Dass die Angst vor mangelnden Grundlagen unbegründet ist, erfuhren die Teilnehmer des Fachdialoges, der in den Räumlichkeiten des Amtes für Bauordnung und Hochbau stattfand, gleich im ersten Vortrag. Denn zur Analyse und Bewertung ökobilanzieller Daten von Gebäuden stehen ausreichend differenzierte Datensätze von Bauprodukten zur Verfügung, so Hans Peters, Vorstandsvorsitzender, Institut Bauen und Umwelt e. V., Berlin. Die scheinbare Datenflut relativiert sich durch ihre BIM-Fähigkeit (Gebäudedatenmodellierung). Die Ökobaudat stellt ein in sich geschlossenes Konzept ökologischer Daten für die Gebäudeplanung sowie öffentliche Belange und die öffentliche Förderung zur Verfügung. Über individuelle ökologische Daten (IBU-EPDs) stehen so konkrete, gebäudebezogene Datensätze zur Verfügung, die von der Planung bis zur Ausführung produktscharfe Werte liefern.
Ansätze zu einer lösungsorientierten Planung beschrieb Sören Vollert von KAplus, Ingenieurbüro Vollert, Eckernförde, in seinem anschließenden Impulsvortrag. Er empfiehlt, die grundsätzlichen Entscheidungen zur CO2-armen Bauweise bereits in den frühen Leistungsphasen zu treffen. Ökobilanzierungen seien ein geeignetes Werkzeug zur Bewertung. Es bestünde jedoch weiterer Entwicklungsbedarf in der Datengrundlage und der Vereinfachung in frühen Leistungsphasen, so Vollert.
Welche Handlungsmöglichkeiten und Beispiele für eine klimaverträgliche öffentliche Beschaffung bereits bestehen und welche Unbekannten einer weiteren Analyse bedürfen, stellte Dr. Moritz Püstow, Rechtsanwalt und Partner, KPMG Law, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin den Zuhörenden vor. Püstow betonte, dass der Klimaschutz verbindliches Ziel bei der Planung und Beschaffung von Bauleistungen sei. Auftraggeber sollten zudem schon zu Projektbeginn definieren, welche Rolle sie dem Klimaschutz einräumen und in welchem Maße sie hierfür höhere Investitionskosten akzeptieren und sich personell kompetent aufstellen wollen. Außerdem solle die Bauindustrie so früh wie möglich eingebunden werden, um ihr Know-how bestmöglich einbringen zu können.
Die Ergebnisse sind nachzulesen im Impulspapier „Klimaverträgliches Bauen mit einem Schattenpreis für CO2-Emissionen“
Manja Biel, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes Hamburg Schleswig-Holstein zog ein positives Fazit der Veranstaltung: „Als aktive Gestalter unserer Branche wissen wir, dass der Klimaschutz nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Verantwortung ist. Gemeinsam mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen erkunden wir innovative Wege, wie wir diese Verantwortung mit wirtschaftlichem Handeln verbinden können“. Der Dialog habe gezeigt, dass das Schattenpreismodell eine vielversprechende Möglichkeit darstellt, diesen Herausforderungen zu begegnen.